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Sayulita

Gewohnheit kommt auf

Königin Yeva und der technische Pharao

Gewohnheit kommt auf,

obwohl wir uns immer wieder in neuen Ortschaften, in neuen Häusern, Zimmern, neuen Betten lieben, 

wir in 5500 verschiedenen Restaurants dinieren, 

fünf Millionen verschiedenen Tierarten über den Weg laufen und

ähnlich viele verschiedene gemachte Brüste betrachten müssen*dürfen.

(Gendersprache ist mir eben doch wichtig) 

 

Und doch, 

trotz dieser scheinenden Reisevielfalt, 

trotz der permanenten Diskontinuität, 

trotz der krassen Schnelllebigkeit hier, 

Gewohnheit kommt auf. 

 

Bestimmte Zeitperioden werden täglich gleich gehandhabt,

Routinen pendeln sich ein,

Rituale werden erschaffen

und du merkst, 

Gewohnheit kommt auf. 

 

Das Bünzlitum ergreift dich mit voller Wucht, 

und es stört dich kaum, 

weil du weisst, 

dass es allen Eltern wohl gleich geht, 

nur ein wenig anders.

Ja, das Rad dreht sich bei allen gleich, 

Gewohnheit kommt auf. 

 

Als ich zu dieser Erkenntnis komme, blicke ich zu Jenny und stelle fest:

"Jenny, wir befinden uns in der Epoche der Baby-Diktatur!"

 

Yeva, die blonde Königin, 

stets stilvoll gekleidet,

diktatorisch, autoritär, alleinherrschend. 

Jenny, ihre Dienerin, 

Köchin, Mode-Designerin, 

Füdliputzerin, Weineinschenkende, 

Zuhörerin, Seelsorgerin und beste Freundin

und schlussendlich, er, dieser Typ,

mit seinen zerfetzten Hosen, 

seinen verfilzten Haaren, 

der unter der Knechtschaft leidende, 

nach Freiheit bittende 

Pöbel-Anführer,

Bauer Schuler. 

 

Unsere königliche Anführerin, 

in ihrem jungen Alter noch unbeständig, 

unberechenbar, 

jederzeit fähig die Atombombe zu zünden, 

was uns Untertanen dazu bewegt*zwingt, 

gehorsam zu sein, 

ihren Rhythmus anzunehmen, 

die Flexibilität und Spontanität einzuschränken, 

die Wahlfreiheit hinsichtlich Erstellung des Tagesprogrammes aufzugeben, 

um die ruhige, stille, bleibende Zeit ohne Königin Yeva zu nutzen*geniessen,

um sich endlich mit sich zu beschäftigen, 

in sich zu gehen

und durchzuatmen,

trotz Diktatur frei zu sein. 

 

Nun, meine Damen und Herren, 

nach dem historischen Dokumentationsfilm "Die Herrschaft Yeva's" jetzt bei uns live auf Marginal TV:

Mini Beiz, dini Beiz! 

 

Heute nämlich aus Sayulita, 

ein kleines Dorf in der Region Nayarit, 

mit unendlich viel Charme, 

ein Dorf, in welchem die herrschende Yeva-Diktatur durch demokratischen Entscheid weiter gestärkt wurde und für alle zufriedenstellend ist. 

Einziger Wermutstropfen:

Die Beiz der Vonaesch's, in welcher die Familie ebenfalls haust, 

dreckig und perfektes Klima für das Kakerlakenpocken-Virus. 

Risikopatienten sind ängstliche, phobische, hypochondrische, blonde Beizerinnen mittleren Alters, die nur schon mit dem Gedanken an den Ursprungsfeind, dem Ungeziefer, einen Zusammenbruch erleiden könnten.

Es kommt soweit, dass die Beizer sich entschliessen, die Beiz vorzeitig nach einem Tag zu schliessen und sich auf die Suche einer neuen Beiz machen.

Die Gefahr ist somit jedoch nicht vorbei. Im Gegenteil.

 

Wirt Schuler erklärt uns folgendes über den Virus-Wirt:  

"Man kann am Virus erkranken, 

jeder,

überall, 

immer, 

immer wieder. 

Deshalb sollte ich unbedingt nie mehr Jenny körperlich lieben, 

am besten gar niemanden mehr lieben, 

oder die Liebe auf jeden Fall bestimmt nicht Menschen physisch zeigen, 

vor allem nicht in der Öffentlichkeit und in den Institutionen, 

da ist das Virus besonders gemein und

wir könnten einen Reputationsschaden erleiden, 

könnten als Egoist, 

als Schwurbler bezeichnet werden. 

Letzter und wichtigster Tipp an alle:

Bitte, ihr müsst eure Lebendigkeit absterben lassen,

sonst müsst ihr euch als Individuum noch damit beschäftigen, 

was es bedeutet, 

ein sterbendes Wesen zu sein.

 

Das wäre fatal, 

das können wir Menschen nämlich nicht mehr, 

denn wir sind nun unendlich lebende Maschinen, 

degradieren uns mehr und mehr zum Objekt,

hauptsache wir stärken den grenzenlosen, technischen, naturwissenschaftlichen Fortschritt bis tief in die Mikromaterie hinein, 

mit der Mikromaterie bis zur Atombombe, 

bis zum Raumschiff, 

bis zu den Satelliten hoch ins Weltall, 

glauben nur noch an unsere absolute, einzige Religion, die Wissenschaft, 

und meinen ernsthaft unser meines Erachtens unendlich grosser, lebendiger Kosmos sei derart simpel, zusammenhangs- und strukturlos, 

der Homo Sapiens in einem kosmischen Prinzip null ins Ganze eingebettet, 

dass wir mit der "Wir sind der technische Pharao-Strategie" das Gefühl haben, 

Gott wohl bald auf die Schulter zu klopfen, 

seinen Arsch zu lecken, 

zeitnah seine Nachfolge anzutreten, 

uns unsterblich zu machen

und "Wirklichkeit" abzubilden. 

In dieser Welt darf die innere Auseinandersetzung mit dem Ich keinen Platz mehr haben,

Sinnlichkeit und

eine übersinnliche Weltanschauung noch viel weniger. 

Es zählen Fakten, sonst nichts. 

Gott ist tot. 

Wir wollen Gott sein

und sind trotzdem tot. 

 

Es ist kontraproduktiv, 

in unserem abstrakten, nur naturwissenschaftlich-dogmatischen, methodisch atheistischen, fundamentalistischen, nach aussen orientierten Weltbild noch lebendig zu sein!

Weg mit der Lebendigkeit! 

Auf zum zukünftigen Weg ohne Lebendigkeit!

Auf zum Homo Deus, 

zum Übermensch, 

zum Transhumanismus!"

 

Zurück live bei Marginal TV:

Das war Mini Beiz, dini Beiz aus Sayulita mit den Spinneraussagen des Wirtes, welchem eigentlich keine öffentliche Plattform geboten werden sollte,

diesem nichtsnutzigen Wissenschaftsleugner,

diesem nur Telegram Lesenden, 

diesem Verschwörungstheoretiker, 

diesem Esoteriker, 

diesem Ketzer! 

Trotz Meinungsfreiheit und Redefreiheit, 

das geht zu weit, zensiert ihn! 

Es herrscht nämlich Cancel-Culture-Time,

die Legitimation der Aussagen von Andersdenkenden, 

die Legitimation des eigenständigen Denkens

soll abgeschafft werden, 

oder zumindest denunziert oder belächelt werden, 

die Macht der absoluten Wahrheit des aktuellen Zeitgeistes und des technischen, wissenschaftlichen Pharaos, der zum Glück immer mehr "das Mensch sein" aus uns heraussaugt, steigt hingegen Jahr für Jahr, 

bis wir hoffentlich endlich innerlich leer sind, 

liebe Zuschauer und Zuschauerinnen,

denn nur noch von aussen empirische Fakten zählen, 

auf das Gefühl dürft ihr bitte nicht mehr hören, 

denn nur die Wissenschaft gibt uns recht,

nur das Empirische,

das Technische, 

alles andere ist Unfug, 

ist Querdenken, 

ist an sich schlecht! 

Also bringen wir diesen Wirt Schuler zum Schweigen, 

vernichten wir ihn medial. 

 

Ja, das war es von mir. 

Nächste Woche, regelmässig samstags, folgt hoffentlich wieder ein gewöhnlicher, vulgärer, blogtypischerer Schuler-Eintrag ohne Gesellschaftskritik!

Bis dann, 

denn ich muss jetzt schlafen, 

wie jede Nacht eigentlich, 

Gewohnheit kommt auf. 

 

Im Bett liegend konfrontiere ich mich abschliessend mit dem sterbenden Wesen und mir wird bewusst:

"Ich lebe gewöhnlich mehr, wenn ich schlafe, als wenn ich wach bin, 

und fühle mich lebendig!"

      

Gerade noch. 

Zum Glück.      

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