Wir sind zurück.
Die Lust zum Schreiben schwindet von Tag zu Tag und mein immer wieder auftretendes, nicht gewolltes Lebensmotto wird wohl ein weiteres Mal bestätigt:
"Die einzige Konstanz in meinem Leben ist wohl die Inkonstanz."
Und natürlich Yeva. Sie bleibt konstant bei mir.
Und natürlich Jenny, die Liebe meines Leben, bis der Tod uns scheidet.
Wääh, ich hasse solche Versprechen, die kein Mensch versprechen kann.
Aber bei Jenny ist es anders,
sie ist ein Übermensch,
mein persönlicher Homo Deus.
"Call me Romantiker, Baby!"
Wir kommen in unserer wohl letzten Region, Nayarit, Punta Mita, an!
Hier scheint die Welt wieder digitalisierter und wohlhabender zu sein.
Es scheint keine mit Speaker ausgerüsteten Autos mehr zu haben, die dir lauwarmes Essen vor Ort andrehen.
Es scheint hier weniger Restaurants mit Blick in die offenen, veralteten Küchen mit verrosteten Pfannen zu haben.
Es scheint keine Mahlzeiten mit verunreinigtem Wasser mehr zu geben, welche dich ständig die Toilette verstopfen lassen und du ein Arbeiter zu dir nach Hause bestellen musst, um den Scheiss zu beheben.
"Scheisse, auf die Wortspiele mit Scheisse werde ich nach Beendigung dieses Reiseblogs wohl am wenigsten drauf scheissen."
Nein, hier hat es sogar spiegelnde Scheiben, die zu modern für die hier lebenden Vögel sind und sie in die Scheiben fliegen lassen, um mit ihrem eigenen Spiegelbild vögeln zu können.
Nein, hier hat es sogar ausnahmsweise gutes Internet, welches dir die Möglichkeit bietet, Online-Medien zu konsumieren und es direkt wieder zu bereuen, da 95 Prozent negative Schlagzeilen beinhalten und die Überdimensionalität der Corona-Krise durch den Russland-Ukraine-Konflikt ersetzt wurde.
Nein, hier hat es viele wohlhabende Amerikaner und weniger Menschen auf Reisen,
riesige, unsymphatische Hotelkomplexe, teure Restaurants und
unseres Erachtens weit weniger Kultur und Identifikation.
Unser Tagesablauf gestaltet sich stets ähnlich.
Yeva wird mir um 6 Uhr in die Hände gedrückt.
Um 7 Uhr mache ich mich mit Yeva auf den Weg an den Strand.
Ich liebe die Morgenstunden,
treffe immer wieder spannende Persönlichkeiten an
und lande bei Menschen zu Hause, die mir Musik vorspielen,
rede mit nackten Menschen über Froschsekrete oder erweitere mein Wissen übers Angeln.
Irgendwie ziehen mich stets Menschen an mit Ecken und Kanten,
Menschen mit Schwächen und Problemen an,
Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen,
ständig im Kampf mit ihrem Selbst sind,
die gesellschaftliche Norm nicht endgültig verlassen wollen,
dann trotzdem wieder vom Rand in den Abgrund springen,
sich mit einem Seil mühevoll wieder hochziehen,
um kurz darauf wieder den Sprung in die Tiefe zu bevorzugen.
Diese Menschen sind oft ungefiltert,
sind demaskiert,
haben keinen Reputationsschaden zu befürchten,
reden offen und ehrlich ohne Selbstschutz, mit totaler Authentizität.
Auf solche Menschen stehe ich und
halte viel von ihnen...
ihr Seil.
Auf dem Weg an den Strand laufen wir an den von Yeva geliebten und stets mit dem Finger zeigenden und "da" rufenden, wildlebenden Hühnern vorbei,
schauen den Hahnen bei ihren Machtkämpfen zu,
lassen uns von aggressiven Hunden anbellen,
beobachten Leguane, wie sie von diesen Hunden gejagt werden und
bieten den Ziegen etwas zum Fressen an.
Die Tiere in Mexiko scheinen früh auf der Matte zu stehen,
nur die Katze oder Kuh (entscheide selber) schläft länger,
im Bett,
zweibeinig,
rattenscharf.
Diese Katze/Kuh wird dann gegen 9 Uhr aus dem Schlaf gerissen und wir machen uns auf den Weg zum Frühstück.
Gelegentlich ist der Tag dann auch vorbei, da die Mexikaner derart lange brauchen, um fünf Früchte zu schneiden.
Jenny ist anschliessend in den Wellen mit dem Surfboard unterwegs.
Ehrlich gesagt bin ich mir nicht mehr sicher, ob das Surfen der wahre Grund ist oder ob Jenny Bestätigung von knackigen Mexikanern braucht,
Aufmerksamkeit sucht,
sich nach einem Ego-Booster sehnt.
Hmm, sie geht sogar regelmässig, deshalb frage ich mich mit Bezug auf die heutige Zeit:
"Braucht sie sogar den Ego-Booster-Booster-Booster-Booster, um auf Nummer sicher zu gehen?"
Ständig berichtet sie nämlich von jungen Mexikanern, die mit ihr reden wollen und ihr in den Wellen helfen und sie sogar stossen.
"Na gut, eigentlich doch nett,
wenigstens jemand, der sie stösst."
Yeva verabschiedet sich anschliessend in den zweistündigen Mittagsschlaf, was uns Zeit und Raum gibt an unseren selbstständigen Projekten zu arbeiten.
Anschliessend gehen wir an den Strand,
essen irgendwo,
und versuchen anschliessend die hyperaktive, am Abend nicht ganz einfache Yeva ins Bett zu bringen.
Das ist dann jedoch Chefsache,
Nachtschicht und ständiges aus dem Schlaf gerissen werden,
ständiges Milch geben,
Katzenarbeit à la Kuhprinzip.
Und ich?
Ich zieh mich gerne zurück,
geniesse es allein zu sein,
blicke in den Sternenhimmel und bete:
"Lieber Gott, bitte lass Jenny noch jahrelang Freude daran haben, Kuh zu spielen und Katze zu sein."
Bis nächste Woche!
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Gerdula (Montag, 23 Mai 2022 11:07)
Inkonstanz als Konstante wird wohl erst im Altersheim durch Inkontinenz abgelöst.
Tobias (Montag, 23 Mai 2022 16:13)
Liebe Gerdula
Nicht ganz, bei reichlich Alkohol stelle ich dieses Problem schon jetzt bei mir fest. ;-)